Rosa Anschütz - Votive

Ein Votiv. Ein Objekt als Opfergabe. Eine Absicht. Ein Zauberspruch in physischer Form. Musik als eine Art der Beschwörung. Klang als Lehm. Geformt, modelliert, manipuliert, um diese Absicht zu verkörpern. Magick. Chaos. Klang in Lehm verwandeln. Lehm in Töpferware. Wortwörtlich.

“Die Verwendung des Begriffs "Votiv" eröffnete mir einen großen Interpretationsspielraum. Es gäbe so viel anzusprechen, bei dem es um mich ginge (Atheismus, Queerness oder Feminismus), um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Aber ich möchte die Interpretation nicht einschränken, indem ich meine persönliche Sichtweise darlege.“

- Rosa Anschütz

Die Debüt-LP der transmedialen Künstlerin / Sängerin / Produzentin Rosa Anschütz ist eine Sammlung von neun Votiven, die in klanglicher und keramischer Form präsentiert werden. Jedes Lied hat seine eigene Skulptur. Das Album ist das Ergebnis täglicher Rituale, welche sie seit Jahren durchführt. Wortcollagen als Beschwörungsformeln, Klangsiegel, die durch das Formen elektrischer Spannungen und das “Gießen” von Klang in Lehm entstehen. «Votive» ist auch ein hoch aufgeladener Raum voller Geist und Emotion. Eine religiöse Erfahrung, die aus den Ekstasen eines Agnostikers destilliert wurde. 

“Ich habe sehr lange in Chören gesungen und genieße es, mehrere Stimmen zu hören. Ich liebe auch den Hall-Effekt, den man in einer Kirche erhält. Ich emuliere ihn mit Effektpedalen und Plug-ins. Ich verwende auch Vocal-Loops als Mantras. Ich kann durchs Singen in die Selbsthypnose eintreten.”

- Rosa Anschütz

«Votive» wurde von Jan Wagner produziert. Es dauerte drei Jahre, bis aus den ersten Skizzen fertige Songs entstanden. Die Basis für die Musik wurde mit Rosas selbstgebautem, modularen Synthesizer geschaffen, den sie als ein Wesen mit einer eigenen Persönlichkeit beschreibt, welches "auf meine Stimmung des Tages reagiert". Die Texte wurden aus ihrer wachsenden Sammlung von Phrasen, loser Gedichte und tagebuchartigen Einträgen destilliert, welche sie oft unterwegs schrieb. Während der Produktion wurden diese Wortformationen intuitiv mit den modularen Klanglandschaften kombiniert und geformt, bis sie zu ganzheitlichen, ausgewogenen Mikrouniversen wurden.

“Ein Synthesizer kann einen buchstäblich absorbieren. Er hat nicht nur eine Reihe von Klängen, sondern auch eine eigene Persönlichkeit. Ich ändere ständig, wie ich ihn nutze.”

- Rosa Anschütz

Wie das Material auf der letztjährigen EP «Rigid» sind auch diese Songs ein eigenes und eigenartiges Gemisch aus Experimental / Noise, Cold Wave, Techno und Avant-pop. Der Raum, den sie hervorrufen, bleibt kühl und düster, sowohl luftlos als auch kathedralenartig groß. Gesprochene Wortstücke werden zwischen gespenstische Chorarrangements eingewoben. Die Wirkung ist die von hypnotischen Mantras. «Votive» ist alles andere als eine neutrale Erfahrung. Es gibt ein klares Vorher und Nachher.